In diesen Tagen tritt die neue Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) in Kraft. Das
Bundesverkehrsministerium hatte sich vorgenommen, durch die Novelle Sicherheit und
Komfort für Radfahrende deutlich zu erhöhen. Nach Einschätzung des Fahrradclubs ADFC
ist das zum Teil gelungen, eine grundlegende Reform des Straßenverkehrsrechts steht
allerdings noch aus.
ADFC-Rechtsreferent Roland Huhn sagt: „Wir haben uns mehr Möglichkeiten für Kommunen
gewünscht, Tempo 30 zur Erhöhung der Verkehrssicherheit einzuführen. Auch muss es ohne große
Hürden möglich sein, Fahrradstraßen oder geschützte Radfahrstreifen einzurichten, um Lücken im
Radverkehrsnetz zu schließen. Mit dem „Gute-Straßen-für-alle-Gesetz“ hat der ADFC hier viele
wichtige Vorschläge gemacht. Wir nehmen Minister Scheuer beim Wort, dass er die Leitideen
hieraus bei der angekündigten Reform des Straßenverkehrsgesetzes auch tatsächlich umsetzt.“
- Das ändert sich für Autofahrende – in Bezug auf den Radverkehr
- Mindestüberholabstand 1,50 m ist Pflicht
Autofahrende müssen Radfahrende mit mindestens 1,50 Metern Sicherheitsabstand
überholen. Außerorts sind es sogar zwei Meter. Das galt zuvor schon durch
Gerichtsentscheidungen, steht jetzt aber ausdrücklich in der StVO. Die Regelung gilt nach
der Gesetzesbegründung unabhängig davon, ob Radfahrende auf der Fahrbahn, auf
„Schutzstreifen“, Radfahrstreifen oder geschützten Radfahrstreifen („Protected Bikelanes“)
unterwegs sind. Faktisch bedeutet diese Regel ein Überholverbot an Stellen, die nicht die
notwendige Breite haben. Das wissen die meisten Autofahrenden nicht, deshalb fordert der
ADFC eine Aufklärungskampagne zur neuen StVO und die schnelle Entwicklung von
geeigneter Verkehrsüberwachungstechnik. - Radwege zuparken wird teurer
Für das Parken auf Geh- und Radwegen gelten höhere Bußgelder. Die bisherigen
Bußgelder von 15 bis 30 Euro werden auf 55 bis 100 Euro erhöht. Erstmals gibt es für
Parkverstöße mit Behinderung zusätzlich einen Punkt in Flensburg. Auch andere
Parkverstöße werden teurer, beispielsweise in zweiter Reihe und auf Straßenbahnschienen.
Weil das Zuparken von Radwegen ein gefährliches Massenphänomen ist, fordert der ADFC
eine deutlich höhere Kontrolldichte der Behörden bis hin zur Bereitschaft, behindernde
Falschparker konsequent abschleppen zu lassen. - Gedankenloses Abbiegen und Tür-Aufreißen wird teurer
Wenn Autofahrende ohne Schulterblick abbiegen oder die Tür aufreißen, kann das für
Radfahrende tödlich enden. Deshalb werden die Bußgelder deutlich erhöht. Wer als
Autofahrender beim Abbiegen eine Person auf dem Rad gefährdet, muss mit einem Bußgeld
von 140 Euro statt wie bisher 70 Euro rechnen – und einem Monat Fahrverbot. Wer beim
Aussteigen unaufmerksam die Autotür öffnet und damit eine Radfahrerin oder einen
Radfahrer gefährdet, zahlt ebenfalls mehr: 40 statt 20 Euro. - Halten auf „Schutzstreifen“ ist verboten
Bisher durften Kraftfahrzeuge auf sogenannten „Schutzstreifen“ bis zu drei Minuten halten.
Gemeint sind Fahrbahnmarkierungen für den Radverkehr mit gestrichelter Linie und
Fahrradsymbol. Das Halten auf diesen Streifen ist mit der neuen StVO jetzt verboten. - Schrittgeschwindigkeit beim Abbiegen für Lkw
Um Abbiegeunfälle zu vermeiden, dürfen Lastkraftwagen über 3,5 Tonnen nur noch mit
Schrittgeschwindigkeit rechts abbiegen. Das Schritttempo von 4 bis 7 km/h gibt dem Lkw-
Führenden mehr Zeit, die Abbiegesituation zu überblicken. Das Bußgeld für die Missachtung
beträgt 70 Euro, dazu kommt ein Punkt im Fahreignungsregister. Der ADFC hat sich für
diese Regelung stark gemacht, weil Unfälle mit rechtsabbiegenden Lkw häufig sind und
besonders schwere Folgen haben. - Das ändert sich für Radfahrende
Nebeneinanderfahren ist erlaubt
Mit der StVO-Novelle ist es jetzt ausdrücklich erlaubt, dass man zu zweit nebeneinander mit
dem Rad fahren darf. Anderer Verkehr darf dadurch zwar nicht behindert werden, aber
solange genug Platz zum Überholen ist, ist keine Behinderung gegeben. Bislang lautete die
Grundregel: Mit Fahrrädern muss einzeln hintereinander gefahren werden.- Grünpfeil für den Radverkehr
Mit der neuen StVO kommt als neues Verkehrszeichen der Grünpfeil für den Radverkehr. Es
erlaubt das Rechtsabbiegen bei roter Ampel für Radfahrende nach vorherigem Anhalten.
Entsprechende Verkehrszeichen sind bereits in Frankreich, Belgien und den Niederlanden
zur Beschleunigung des Radverkehrs erfolgreich im Einsatz, dort sogar ohne Anhaltepflicht.
Der schon bekannte Grünpfeil für den Autoverkehr gilt auch für den begleitenden Radweg,
stellt die neue StVO klar. - Auch Jugendliche und Erwachsene dürfen im Lastenrad mitfahren
Bisher durften in Deutschland nur Kinder bis sieben Jahre im Lastenrad mitgenommen
werden. Ab sofort dürfen auch Menschen jenseits des Kinderalters auf Fahrrädern
mitgenommen werden, die zur Personenbeförderung gebaut und entsprechend eingerichtet
sind. - Gehwegradeln wird teuer
Zum Schutz von Fußgängern wird das Bußgeld für regelwidriges Radfahren auf Gehwegen
von 10 bis 25 Euro auf 55 bis 100 Euro erhöht. Der ADFC weist seit Langem darauf hin,
dass das Radfahren auf Gehwegen rücksichtslos und gefährlich ist. Gleichzeitig bekräftigt er
die Forderung nach durchgängigen Qualitätsradwegenetzen, denn wenn Radfahrende auf
Gehwege ausweichen, ist das oft auf fehlende oder schlechte Radinfrastruktur
zurückzuführen. - Neue Verkehrszeichen
Fahrradzone – hier haben Radfahrende Vorrang
Mit dem neuen Verkehrszeichen „Fahrradzone“ können größere Bereiche nach den Regeln
für Fahrradstraßen eingerichtet werden. Radfahrende haben hier Vorrang, Autos dürfen
höchstens 30 km/h fahren und müssen hinter Radfahrenden zurückbleiben. - Radschnellweg – hier geht es zügig und sicher voran
Das neue Verkehrszeichen kennzeichnet den Beginn und Verlauf von Radschnellwegen, wie
sie in vielen Metropolregionen derzeit geplant und gebaut werden. Radschnellwege sind
breite, vom Autoverkehr weitgehend getrennte und idealerweise kreuzungsfreie
Radvorrangrouten. Auf Radschnellwegen können auch längere Strecken zügig und sicher
zurückgelegt werden, beispielsweise von Pendlern. - Lastenrad – die neue Art des Transports
Mit dem neuen Zusatzzeichen „Lastenfahrrad“ können extragroße Parkplätze oder spezielle
Lieferzonen für Transport-Fahrräder eingerichtet werden. - Haifischzähne – hier müssen Autos abbremsen
Wer oft in den Niederlanden unterwegs ist, kennt sie schon: die „Haifischzähne“. Diese an
Einmündungen auf die Fahrbahn gemalten Dreiecke zeigen mit der Spitze auf
herannahende Autos – und signalisieren ihnen so die Vorfahrt des Radwegs. Mit der neuen
StVO können sie auch in Deutschland eingesetzt werden. - Pressemitteilung von Roland Huhn